Arbeitskreis bekennender Christen

5. ABC-Versammlung – 2001

5. ABC-Versammlung

um Bekenntnis, Erneuerung und Einheit der Kirche

23. – 25. Februar 2001 – Nürnberg

Schluss mit Anpassung! Mut zur Wahrheit!

Erklärung (Kurzfassung)

 

These: Die vielfache Verstrickung der Kirche in der Gegenwart mit der Zeitgeist-Ideologie “Pluralismus” ist weder ein unvermeidliches, noch ein unentrinnbares Verhängnis, sondern Sünde vor Gott, aus der ER befreien kann.

Christus: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! (Joh.14,6)

1. Wir bekennen einmütig, dass wir in unseren sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten und Lebensumständen das Wort vom Kreuz als die eine gewisse und tragende Grundlage unseres Lebens vor dem lebendigen Gott gefunden haben und sie uns trotz aller Anfechtung bewahrt blieb.

1.1 Darum begegnen wir allem, was der Dreieinige Gott in seinem Wort Alten und Neuen Testaments sagt, in begründetem Vertrauen.

1.2 Deshalb lehnen wir ab, dass die Wahrheit, die über den Weg zum ewigen Heil entscheidet, nicht zu erkennen wäre oder in einer ungewissen Zukunft läge.

 

Und nimm ja nicht von meinem Munde das Wort der Wahrheit. (Ps. 119,43)

2. Wir haben übereinstimmend erkannt, dass das Wort der Wahrheit uns nicht beliebig zur Verfügung steht.

2.1 Darum lassen wir nicht nach, die Heilige Schrift zu studieren, Gott um seinen Heiligen Geist zu bitten und uns gegenseitig in aller Liebe an die Wahrheit zu er-innern.

  1. Deshalb lehnen wir entschieden ab,
  • dass die Wahrheit Gottes in der Verfügbarkeit von Frömmigkeitsstilen,
  • oder von wissenschaftlichen Methoden läge,
  • oder dass die Wahrheit Gottes sich in der Addierung verschiedener theologischer Richtungen erschließen würde,
  • oder dass theologische Richtungen, die im Widerspruch zu Schrift und Bekenntnis stehen, Ausdruck der schöpferischen Vielfalt des Heiligen Geistes sein könnten.

 

Denen haben wir auch nicht eine Stunde durch Unterwürfigkeit nachgegeben,

damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch verbliebe. (Gal. 2,5)

3. Wir bekennen gemeinsam, dass wir unsere Landeskirche, die wir lieben und der wir sehr viel verdanken, wegen ihrer Anpassungsbereitschaft in ihrem Bestand gefährdet sehen.

3.1 Das Ringen um die Wahrheit wird entschlossener geführt werden müssen, denn der Streit um die Wahrheit Gottes hat zweifellos eine heilsentscheidende Dimension.

    1. Deshalb lehnen wir ab,
  • dass ein Gewährenlassen bekenntniswidriger Meinungen Ausdruck “evangelischer Freiheit” sein könnte,
  • dass die Kirchenleitung wegen Fehleinschätzung der Gefahren oder wegen Überlastung auf das ihr übertragene Wächteramt weitgehend verzichten könnte.

 

Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?

Ist der HERR Gott, so wandelt ihm nach, ist´s aber Baal, so wandelt ihm nach. (1.Kön.18,21)

 

4. Wir glauben gemeinsam, dass Jesus der einzige Weg zu Gott ist. Er allein erneuert Menschen, die so gern “auf zwei Seiten hinken”. Und nur durch dieses Handeln Gottes werden Einheit der Kirche und ewige Seligkeit der Glaubenden möglich.

4.1 Darum hoffen wir aus gutem Grund, dass Christus unserer Kirche einen neuen Anfang schenken kann und will.

    1. Deshalb lehnen wir ab,
  • dass der theologische Pluralismus, der letztlich auf eine Vielgötterei zuläuft, als ein unüberwindliches Schicksal der Kirche verstanden wird,
  • und dass es in diesem Zusammenhang unsachgemäß wäre, zur Umkehr zu rufen und Buße zu tun.

 

Wir rufen unsere Kirche zur Umkehr aus ihrer Unentschiedenheit über die Wahrheit, die zum ewigen Leben führt , und erinnern die Kirchenleitung an ihre Verantwortung dafür.

 

 

 

Erklärung (Langfassung)

 

 

These: Die vielfache Verstrickung der Kirche in der Gegenwart mit der Zeitgeist-Ideologie “Pluralismus” ist weder ein unvermeidliches, noch ein unentrinnbares Verhängnis, sondern Sünde vor Gott, aus der ER befreien kann.

I. Geistesgeschichtlicher Hintergrund

 

1.1 Die “Postmoderne” ist durch eine “kognitive Indifferenz” (E. Biser), d.h. durch Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheitsfrage gekennzeichnet. Sie besteht darin,

  • dass Wahrheit nicht zu erkennen sie,
  • dass der Mensch sie nicht eigentlich brauche; man müsse sich eine “bekömmliche” Weltanschauung zurechtlegen.

 

1.2 Daraus folge “Toleranz” in dem Sinne: Jeder habe “seine eigene Wahrheit”.

  • Damit ist das Credo beliebig; darüber könne man nicht streiten; keiner könne und dürfe den anderen “belehren” wollen.
  • Auch ethische Grundsätze seien damit der Beliebigkeit preisgegeben. Kriterium sei, was dem Menschen “bekomme”, Spaß mache und Befriedigung erreichen lasse.

 

2. Damit allerdings gerät der biblische Wahrheitsanspruch in Konflikt. Dieser wird darin deutlich, dass sich die heiligen Schriften von Anfang an zu dem “wahren Gott” bekennen.

  • Das 1. Gebot (“Ich bin der Herr, dein Gott! Du sollst nicht andere Götter haben neben mir!”) bindet exklusiv an Gott, der sich in der Geschichte Israels und durch “Gesetz und Propheten” offenbart hat.
  • Jesus spricht den “Vater” an, der “allein wahrer Gott” ist (Joh. 17,1).
  • Der Apostel Paulus schreibt, die Völker hätten bisher solche verehrt, “die in Wahrheit nicht Götter sind” (Gal. 4,8).

 

3. In diesem Selbstverständnis war die Kirche immer und ihrem Wesen nach missionarisch.

  • Sie verstand sich nicht als Religion unter Religionen, sondern als Aufklärung angesichts der Irreführung durch die Religionen.
  • Sie respektierte nicht, sondern entlarvte die Mythen als Täuschung.
  • In diesem Sinne, und nicht im Sinne eines Imperialismus oder Diktats einer bestimmten
    Religion, setzte sie sich gegenüber den Religionen durch.

 

4. Seitdem Kants kritische Überprüfung der Reichweite menschlich-vernünftigen Erkennens ergab, dass über Gott und die göttlichen Dinge überprüfbare Ergebnisse nicht zu gewinnen seien, wurde der Wahrheitsanspruch jeder Religion, auch des christlichen Glaubens, als hinfällig betrachtet.

  • Religion könne infolgedessen nicht den Anspruch auf Wahrheit erheben, weil der Streit über “wahr” oder “unwahr” grundsätzlich nicht entschieden werden könne.
  • Religion sei Funktion oder gar Instrument der Moral und müsse sich von dieser messen lassen.

 

5. Religion wird heute vielfach als Angelegenheit subjektiver Überzeugung betrachtet. Über das Gegenüber, dem man vertraut, könne nur in mythischen Bildern geredet werden.

  • Dieses Vertrauen sei in allen Religionen lebendig. Und die Mythen der Religionen seien der Ausdruck dieses Vertrauens.
  • Man könne nur seinen Glauben bezeugen, aber nicht über die Wahrheit der Glaubensvorstellungen streiten.
  • Mission, die Angehörige anderer Religionen von ihrem Glauben abbringen und zur Bekehrung zum christlichen Glauben bewegen will, sei daher nicht zu rechtfertigen. An ihre Stelle müsse der Dialog gleichberechtigter Religionen treten.

Solcher vermeintlich “christlicher Glaube” unterscheidet sich grundlegend von dem ursprünglichen. Er verspricht nicht mehr, Irregeführte zur Wahrheit und Verlorene zum Heil zu führen, sondern bezeugt nur die aus der geschichtlichen Herkunft erklärbare eigene Auffassung des Göttlichen, die anderen Auffassungen grundsätzlich gleichzuachten sei.

 

6. Diese verhängnisvolle Selbstbescheidung des Christentums hängt damit zusammen, dass die Bibel aufgrund historischer Überlegungen nicht mehr als “Wort des lebendigen Gottes”, sondern als ein religiöses Dokument neben anderen beurteilt wird.

II. Die Wahrheit des einen Glaubens der Christenheit

 

1. Demgegenüber bekennen wir uns zu Jesus Christus, der sich selbst als einzigen Zugang zum Vater bezeichnet hat. Dieser allein ist “wahrer Gott”. Und wir bekennen uns zu dem “Wort vom Kreuz”, das denen zwar als “Torheit und Ärgernis” erscheint, “die verloren werden” (1.Kor. 1,18), das aber in Wirklichkeit die Weisheit und das erlösende Eingreifen Gottes in die verwirrte Menschheitsgeschichte bezeugt. In ihm haben wir unsere Rettung erkannt.

 

2. Gegenüber den genannten Relativierungen der Wahrheit betonen wir: Weil Christus die Wahrheit ist. Weil Gott Schöpfer und jeder Mensch sein Geschöpf ist, kann der Mensch nicht anders existieren, als auf der Suche nach Wahrheit.

Wo immer Gott sich einem Menschen als sein Schöpfer zu erkennen gibt und sich der Mensch Christus anvertraut, kommt die Suche nach Wahrheit an ihr Ziel.

 

3. Auf der Suche nach Wahrheit haben Menschen einander irregeführt, verleitet von dem “Lügner”, der “nicht in der Wahrheit steht” (Joh. 8,44). Die wahre Beziehung zwischen Gott und Menschen wurde in Jesus offenbart und durch ihn verwirklicht. Nur wer sich durch Jesus von der Verfehlung seines Menschseins (Sünde) lossprechen und befreien und mit dem lebendigen Gott in Verbindung bringen lässt, kann “die Wahrheit erkennen” und “in der Wahrheit leben.”

 

4. Das in der Heiligen Schrift vorliegende Wort Gottes, das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu bezeugt, führt in die Wahrheit. Jesus sagt: “Wenn ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr in Wahrheit meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen” (Joh. 8,31-32).

 

5. Die Wahrheit Gottes und der göttlichen Dinge ändert sich nicht durch die Wandlungen der Geschichte. Sie ist vielmehr in und angesichts jeder geschichtlichen Situation neu zu verkündigen und tritt den religiösen Meinungen immer und grundsätzlich in den Weg.

 

6. Christlicher Glaube ist ohne Wahrheitsanspruch nicht zu denken. Das Christusgeschehen von Menschwerdung, Kreuz und Auferstehung verdeutlicht: Die Wahrheit ist Person: Jesus, der Christus des lebendigen Gottes. Dieser gibt sich in Wort und Sakrament zu erkennen und schenkt Gewissheit darüber, was wahr ist.

 

III. Kirchliche Einheit und Spaltungen

 

1. Wenn der christliche Glaube seinen Wahrheitsanspruch aufgibt, gerät er unter den Zwang der Ideologie des Pluralismus. Diese kennt keine Wahrheit!

 

2. Infolgedessen treten in der pluralistisch-offenen Kirche unvermeidlich die Spannungen auf, die im Wahrheitskonflikt selbst schon vorgegeben sind. Sie wirken Spaltung.

 

3. Zwingende Folge eines ideologischen Pluralismus ist die Behauptung, verschiedene Heilswege seien möglich.

  • Dann bringt die Kirche sich in Gegensatz zur Heiligen Schrift, die dies bestreitet (“Es ist in keinem andern Heil …”, Apg 4,12).
  • Dann verweltlicht die Kirche, meint darin ihre Zeitgenossenschaft zu erweisen und wird im Inneren aufgespalten in machtorientierte Parteiungen. “Die Liebe erkaltet” (Mt. 24,12). Christen, die gegenüber biblisch nicht begründbaren Mehrheitsentscheidungen an der Wahrheit des Wortes Gottes festhalten wollen, werden ausgegrenzt. Wer bestreitet, dass die Kirche, was das Verständnis des Wortes Gottes betrifft, pluralistisch sein könne, und um die Erkenntnis der Wahrheit glaubt kämpfen zu müssen (wie die Apostel, Kirchenväter und Reformatoren), wird verdächtigt, kommunikationsunfähig zu sein, und ggf. vom Dienst in der Kirche ferngehalten.
  • Dann ist nicht mehr der Bezug zu Christus entscheidend, sondern Problembewusstsein und Engagement in den gesellschaftlichen und kirchlichen Themen, die jeweils gerade mehrheitsfähig sind.
  • Dann entfällt das theologische Ringen um die Erkenntnis des Willens Gottes in seinem Wort. Es wird ersetzt durch die Planungshoheit von Theologen, die unter Theologieverzicht weitgehend von Humanwissenschaften und Managementerkenntnissen her handeln. Andersdenkende werden durch den Vorwurf der Unzeitgemäßheit lächerlich gemacht oder diszipliniert.
  • Dann wird das missionarische Engagement gelähmt bzw. kommt völlig zum Erliegen.

 

4. Dem ist entgegen zu halten: Nicht der Verzicht auf die biblische Wahrheit schafft Einheit, sondern ausschließlich deren Annahme und Verkündigung.

 

5. Wo Christus autorisiert durch Gottes Heiligen Geist verkündigt wird, da treten deshalb innerkirchliche Struktur- und Planungsfragen in ihrer Zeitbedingtheit und Banalität zurück. Da ist nur noch die eine Aufgabe vorrangig: Eben diese Erkenntnis, dass Jesus Christus allein HERR ist, zu bewahren, sie auszubreiten und das Leben der Einzelnen, der Gemeinden und der gesamten Kirche im Gehorsam der Christusnachfolge zu gestalten.

Wenn die Kirche aber davon abgeht, ihre Botschaft ausschließlich aus der Bibel als Gottes Wort zu entnehmen und alle Glaubensäußerungen auf ihre Übereinstimmung damit zu befragen, verliert sie die Fähigkeit, mit “gesunder Lehre” (2.Tim 4,3) wuchernder Religiosität und platter Irreligiosität entgegenzutreten.

 

6. Angesichts der pluralistischen Situation der verfassten Kirche betonen wir die Notwendigkeit zu unterscheiden, was vielfältiger Ausdruck des einen christlichen Glaubens ist und wo dem gegenüber ein anderer Glaube mit einer außerbiblischen Norm, also ein “anderes Evangelium”, in die Kirche einzieht. Zu unterscheiden ist zwischen Lehre und Irrlehre, zwischen rechtem christlichen Glauben und Häresie.

 

7. Häresie ist nicht nur heilsschädlich, weil sie von Christus und seinem Heil trennt, sondern auch gemeinschaftsschädigend, weil sie den “ungeteilten Leib Christi” belastet und betrügt. Somit finden sich unter dem Dach der verfassten Kirche längst völlig verschiedene Glaubensinhalte und Glaubensweisen, die nur die Struktur einer Großorganisation verbindet, nicht mehr jedoch der Glaube der einen, allgemeinen, apostolischen, christlichen Kirche.

 

8. “Wahre” und “falsche” Kirche sind nach dem, was sie glauben, lehren und bekennen, zu beurteilen. Maßstab dafür ist allein die Heilige Schrift. Die Bekenntnisschriften der lutherischen Kirche verdeutlichen dies:

  • Die Kirche der Reformation hatte wie die erste Christenheit (Eph.4,4-5) ihre Einheit darin, dass sie einmütig (“in großem Konsens”) lehren und ihren Glauben bekennen konnte. Sie lehrte (Augsburger Bekenntnis, Art.7): “Es genügt zur wahren Einheit der Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden. Und es ist nicht zur wahren Einheit der christlichen Kirche nötig, dass überall die gleichen, von den Menschen eingesetzten Zeremonien eingehalten werden”.
  • Was aber zur wahren Einheit der Kirche “genügt”, ist dazu auch unbedingt erforderlich. Eine Ausweitung des Begriffs der “versöhnten Verschiedenheit” auf unterschiedliche Verständnisse des Evangeliums, auseinanderstrebende oder sogar unvereinbare Botschaften in der Verkündigung und eine uneinheitliche Auffassung der Sakramente würde die Einheit der Kirche sprengen.
  • Gegenwärtig hat unsere Kirche die “wahre Einheit” verloren, weil von einträchtiger Verkündigung “im reinen Verständnis” des Evangeliums nicht die Rede sein kann und auch die Sakramente nicht überall “dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden”. Das macht die Kirche als Kirche unkenntlich und lässt sie entweder als bedeutungsloses Überbleibsel aus der Vergangenheit oder als Vereinigung mit bestimmten sozialen, therapeutischen, erzieherischen oder politischen Zielen erscheinen.

 

Eine Kirche, die nicht mehr erkennbar durch das einmütige Bekenntnis zu dem biblischen “Wort vom Kreuz”, sondern statt dessen nur durch gemeinsame Bemühungen – z.B. um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung – zusammengehalten wird, ist nicht Kirche im Sinne des Neuen Testaments und der lutherischen Bekenntnisschriften.

 

IV. Die Überwindung des Wahrheitskonflikts

 

1. Die vielfache Verstrickung der Kirche in der Gegenwart mit der Zeitgeist-Ideologie “Pluralismus” ist weder ein unvermeidliches, noch ein unentrinnbares Verhängnis, sondern Sünde vor Gott, aus der ER befreien kann.

 

2. Pluralismus als eine derzeitige Äußerungsform von Abgötterei ist – in der Sprache der Bibel – “Gott ein Greuel” (5.Mose 7,25). Diese Sünde gilt es zu erkennen und zu bekennen. Ausschließlich auf diesem Weg ehrlicher Umkehr ist Vergebung und Neuanfang zu erwarten.

 

3. Pluralismus ist weit mehr als eine individuelle Sünde Einzelner; sie ist Sünde der Kirche insgesamt. Deshalb ist es geboten, dass den Weg der Umkehr vor allem Verantwortungsträger der Kirche (voran-)gehen, die durch glaubwürdiges Beispiel die christliche Gemeinde einladen und auffordern, den Weg der Umkehr mitzugehen.

 

4. Aus der Kraft empfangener Vergebung darf Entschlossenheit folgen:

– Alle kirchlichen Arbeitsfelder sind unter dem Aspekt biblischer Wahrheit radikal zu überprüfen und bisherige synkretistische Programme sind zu streichen.

–  Zur geistlichen Leitung der Kirche Berufene sind verpflichtet, ihrem durch die Kirchenverfassung übertragenen Dienstauftrag ernsthaft nachzukommen, nämlich “zu lehren”, “achtzuhaben”, “ zu beobachten”, “zu visitieren,” “auf Eignung zu prüfen”, “mit den Mitarbeitern das Gespräch zu führen”, “zu beraten”, “zu mahnen”, in rechter Weise “aus- und fortzubilden”, “Aufsicht auszuüben” (KirchenVerf. §§ 60, 63, 65). Ohne den Maßstab von Schrift und Bekenntnis verkehrt sich der Dienst der Kirchenleitung in eine Machtausübung, die in die Irre führt.

 

5. Evangelisch-lutherische Christen treten im Sinne ihres Bekenntnisses (Augsburger Bekenntnis, Art.7) dafür ein, dass sich in der Kirche eine Vielfalt von Frömmigkeitsformen und Arbeitsweisen entfalten kann, die durch geschichtliche Entwicklungen, persönliche Erfahrungen und spezielle Aufgabenstellungen bedingt sind. Sie müssen aber darauf bestehen, dass es “zur wahren Einheit der Kirche” unabdingbar ist, “dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden.”

V. Aufruf zur Umkehr

 

So ergeht aus dem anbetenden Hören auf Gottes offenbaren Willen der Aufruf zur Umkehr

  1. an die geistlich mündige Gemeinde im Raum der verfassten Kirche, sich der Wahrheitsfrage zu stellen, d.h. sich von Christus in Frage stellen zu lassen und sich durch Gottes Geist zu einer Befreiungsbewegung aus der pluralistischen Gefangenschaft der Kirche führen zu lassen und Gebrauch zu machen von ihrem Recht, “alle Lehre zu urteilen”,
  2. an die theologischen Lehrer, sich in die Bewegung zur Korrektur des Weges einzureihen und die Wahrheitsfrage zum Hauptthema ihrer theologischen Reflexion, Lehre und Predigt zu machen,
  3. an die Verantwortlichen der kirchenleitenden Organe, sich ebenfalls in die Bußbewegung einzureihen und mit den Möglichkeiten von Predigt, Mitarbeiterbesprechung, Verlautbarungen, liturgischer Ordnung und Kanzelabkündigung usw. diese Bewegung zu fördern und sie geistlich verantwortlich anzuführen. 

 

Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten?

Wenn der HERR der wahre Gott ist, dann folgt ihm nach;

wenn aber der Baal, dann folgt ihm nach!”

1.Kön. 18,21

 

Anfragen

 an die kirchenleitenden Organe

der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

1. Die gegenwärtige geistesgeschichtliche Situation wird als “Postmoderne” bezeichnet. Nach Eugen Biser ist sie durch “kognitive Indifferenz” charakterisiert, d.h. durch Abkehr von der “Wahrheitsfrage”. Ist nicht dadurch die christliche Kirche und ihre Botschaft fundamental in Frage gestellt? Welche Folgen ergeben sich daraus für kirchenleitendes Reden und Handeln?

Oder sehen Sie keinen Entscheidungs- und Handlungsbedarf?

 

2. Die Hinnahme wahrheitsrelativierender pluralistischer Meinungen und Praktiken innerhalb der Kirche spaltet diese zwangsläufig in “wahre” und “falsche” Kirche. Solches Gewährenlassen ist selbst ein häretisches Verhalten.

Teilen Sie diese Auffassung?

 

3. “Pluralismus” ist eine “Unentschiedenheit prinzipieller Art”. Auf die Kirche bezogen ist dies Ungehorsam und damit Zurückweisung der von Gott geoffenbarten Wahrheit. Im Alten Testament wird dies als Abgötterei bezeichnet, im Neuen Testament als Verleugnung der Wahrheit.

Teilen Sie die Auffassung, dass Verstrickung der Kirche der Gegenwart mit der Zeitgeist-Ideologie “Pluralismus” weder ein unvermeidliches, noch ein unentrinnbares Verhängnis ist, sondern Sünde vor Gott, aus der ER befreien kann? Oder halten Sie die Erwägung von Sünde in diesem Zusammenhang für nicht passend?

 

4. Teilen Sie die Auffassung, dass “Pluralismus” nicht eine Sünde Einzelner, sondern der Kirche insgesamt ist und es deshalb vor allem deren Verantwortungsträgern geboten ist, den not-wendigen Weg der Umkehr der Kirche zu beschreiten und zu weisen?

Oder lehnen Sie eine kollektive Behaftung mit der Pluralismusproblematik als nicht zutreffend ab? Lehnen Sie eine leitende Verantwortlichkeit in einem solchen Umkehrprozess ab?

 

5. Teilen Sie die Auffassung, dass sich aus dem notwendigen Prozess geistlicher Umkehr Folgendes konsequent ergeben muss:

Wir sind aufgefordert, uns auf allen Feldern kirchlicher Arbeit unter dem Aspekt biblischer Wahrheit auf dem Weg selbstkritisch radikal zu überprüfen, bisherige Programme gegebenenfalls zu streichen und darüber dem Landeskirchenrat zu berichten.

Oder halten Sie eine solche grundlegende Selbstreflexion kirchlicher Arbeitsgebiete für nicht zumutbar oder nicht durchführbar?